Umlaufbeschluss: Vor- und Nachteile für das Beschließen ohne Versammlung

Ivo Schmiedt
Ivo Schmiedt
letztes Update: 16.04.2024

Der Umlaufbeschluss ✉️ ermöglicht es den Gesellschaftern, einen Beschluss zu fassen, ohne sich zu treffen. So können rechtswirksam Beschlüsse gefasst werden, ohne eine Gesellschafterversammlung abzuhalten.

Vor­tei­le des Um­lauf­be­schlus­ses

Der Umlaufbeschluss macht die Abstimmung super flexibel:

⌛ Asynchrone Abstimmung vorteilhaft für Vielbeschäftigte : Die Gesellschafter müssen ihre Stimme nicht alle gleichzeitig auf einer Versammlung abgeben. Vielmehr genügt es, wenn die Stimmabgabe innerhalb der Stimmfrist (mindestens eine Woche) beim Abstimmungsleiter eingeht.

So kann sich jeder Gesellschafter seine Zeit individuell und flexibel einteilen und sich mit der Stimmabgabe beschäftigen, wenn es in seinen Zeitplan passt. Das ist besonders vorteilhaft für vielbeschäftigte Gesellschafter mit dichten Terminkalendern

✈️ Keine Anreise praktisch für überregionaler Gesellschafterkreise: Keine Versammlung bedeutet auch: Keine Anreise. Das schont die Umwelt und lässt zeitraubende Anreisezeiten entfallen. Dies fällt besonders ins Gewicht, wenn die Gesellschafter weiter auseinander wohnen oder sogar international verteilt sind.

Nach­tei­le des Um­lauf­be­schlus­ses

Das Problem des Umlaufbeschlusses ist, dass man Entscheidungen trifft, ohne sich hierüber von Angesicht zu Angesicht aussprechen zu können. Daher ist der Umlaufbeschluss weniger für die Entscheidung über Fragen geeignet, zu denen ein Gesprächsbedarf bei den Gesellschaftern besteht oder bestehen könnte.

In der Praxis ist die Abstimmung über einen Umlaufbeschluss zumindest in Gesellschaften mit “konservativen Gesellschaftsverträgen” nur sinnvoll, wenn sich alle einig sind:

  • Grundsätzlich ist eine Abstimmung mit Gegenstimmen im Umlaufbeschluss nämlich nur möglich, wenn sich alle Gesellschafter mit der schriftlichen Stimmabgabe einverstanden erklären.
    Das heißt: Ein Gesellschafter kann die Beschlussfassung im Umlaufbeschluss scheitern lassen, indem er seine Zustimmung zur schriftlichen Stimmabgabe verweigert. Eine Abstimmung durch Mehrheitsbeschluss ist dann nicht möglich.
  • Moderne Gesellschaftsverträge lassen dagegen auch eine normale Mehrheitsentscheidung im Umlaufbeschluss zu – oft sogar über elektronische Kommunikationswege. Dann ist die Beschlussfassung nicht von der Zustimmung aller Gesellschafter abhängig. Falls deine Gesellschaft noch keinen modernen Gesellschaftsvertrag hat, solltest du dies ändern lassen, um auch Mehrheitsentscheidungen als Umlaufbeschluss fassen zu können.

Vor­aus­set­zun­gen für den Um­lauf­be­schluss

Damit der Umlaufbeschluss wirksam zustande kommt, müssen allerdings die Voraussetzungen für eine Beschlussfassung ohne Versammlung erfüllt sein. Gesetzlich geregelt sind die Voraussetzungen für den Umlaufbeschluss für Gesellschafter einer GmbH bzw. UG.1 Dieser Vorschrift wird jedoch auch für andere Gremien (Geschäftsführer, Aufsichtsrat, Beirat) und andere Rechtsformen (GmbH & Co KG, KG, oHG etc) Ausstrahlungswirkung zugesprochen.

Folgende Voraussetzungen sind für einen wirksamen Umlaufbeschluss zu beachten:

  • Es ist ein Beschlussantrag (auch “Beschlussvorschlag”) erforderlich, der den Entscheidungsinhalt ausformuliert.
  • Der Beschlussantrag muss von einer initiativberechtigten Person gestellt sein: Das sind grundsätzlich Geschäftsführer oder Gesellschafter bzw. Gesellschaftergruppen mit mindestens 10% Kapitalbeteiligung.
  • Im Beschlussantrag kann eine Stimmfrist von mindestens 1 Woche bestimmt sein. Bei einem einstimmigen Umlaufbeschluss ist die Bestimmung einer Stimmfrist dagegen nicht notwendig, außer es besteht eine besondere Eilbedürftigkeit für die Beschlussfassung.
  • Stimmabgaben der Gesellschafter sind gültig und dürfen gezählt werden, wenn sie an den Abstimmungsleiter innerhalb der ggf. bestimmten Stimmfrist erfolgen. In einstimmigen Beschlussfassungen spielt diese Voraussetzung jedoch ebenfalls keine Rolle, weil auch verspätete oder falsch adressierte Stimmen als gültig angesehen werden können, wenn Einvernehmen unter den Stimmberechtigten besteht.
  • Alle Gesellschafter müssen zumindest in Textform ihr Einverständnis erklären
    • mit Beschlussantrag (= einstimmiger Beschluss)
    • oder zumindest mit der Abstimmung im Wege des Umlaufbeschlusses/schriftlichen Stimmabgabe .

Der Abstimmungsleiter kann ein Geschäftsführer, der Initiator des Umlaufbeschlusses oder ein vom Initiator benannter Gesellschafter sein. Dieser zählt das Ergebnis nach erfolgter Abstimmung aus und teilt es allen Gesellschaftern mit.

Für die Stimmabgabe selbst gilt nach der herrschenden Ansicht im juristischen Schrifttum auch dann das Textformerfordernis, wenn die Gesellschafter ihr Einverständnis nur mit der schriftlichen Stimmabgabe erklären und die Abstimmung in der Sache kontrovers erfolgt.2 Das bedeutet, dass es für eine wirksame Stimmabgabe genügt, dass die Person des Abstimmenden genannt ist. Eine eigenhändige Unterschrift ist nicht erforderlich.

Viele Gesellschaftsverträge sehen für den Umlaufbeschluss zusätzliche Erleichterungen vor. Typische Erleichterungen sind:

  • Keine Abhängigkeit vom Einverständnis mit der schriftlichen Stimmabgabe.
  • Regelung, dass auch Gesellschafter mit weniger als 10% Kapitalbeteiligung Beschlussanträge versenden dürfen.
  • Klarstellung, dass die “schriftliche Abstimmung” auch im Wege elektronischer Kommunikation, z.B. per Email erfolgen darf, ohne dass es einer eigenhändigen Unterschrift bedarf.
  • Klarstellung, welche Person Abstimmungsleiter ist.
  • Festlegung einer längeren Stimmfrist (z.B. 2 Wochen).

⚠️ Achtung: Gesellschaftsvertrag sticht Gesetz (jedenfalls wenn von gesetzlichen Mindeststandards “nach oben” abgewichen wird). Die vorstehenden Ausführungen zu den gesetzlichen Voraussetzungen des Umlaufbeschlusses gelten nur, wenn von ihnen im Gesellschaftsvertrag nicht wirksam abgewichen worden sind. Deswegen sollte vor einem Umlaufbeschluss stets nachgeschaut werden, ob nicht z.B. eine abweichende Stimmfrist oder der initiativberechtigte Personenkreis vertraglich besonders geregelt ist.

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In 99 % aller Fälle werden einstimmige Beschlüsse gefasst, denn selbst wenn unterschiedliche Meinungen bestehen, können sich die Abstimmungsteilnehmer in den meisten Fällen auf einen konkreten Beschlussinhalt einigen.

Ankreuzfeldchen etc. sind in solchen Fällen überflüssig. Es genügt ein Dokument, welches alle notwendigen formellen Erkärungen enthält und von allen Abstimmenden unterzeichnet wird.

Für diesen besonders relevanten Fall stellt Resolvio ein kostenloses Muster für Umlaufbeschlüsse bereit, welches die erforderlichen formellen Erklärungen vorformuliert und sodann von den jeweiligen Stimmberechtigten (z.B. Gesellschafter, Geschäftsführern oder Aufsichtsratsmitglieder) unterzeichnet werden kann. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, in unserer Vorlagenbibliothek nach typischen Beschlussinhalten zu suchen.

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Die pas­sen­de Be­schluss­fas­sungs­art für jede Si­tua­ti­on

Dieser Artikel ist der vierte Teil einer Artikelserie zu den verschiedenen Arten der Beschlussfassung.

Im Laufe dieser Artikelserie werden wir uns die Vor- und Nachteile von jeder Beschlussfassungsart genau anschauen. Am Ende dieser Serie wird jeder Gesellschafter und jeder Geschäftsführer (aber auch jeder Aufsichtsrats- oder Beiratsvorsitzende) genau wissen, wann er auf welche Beschlussfassungsart zurückgreift.

Hier der Überblick auf die bereits erschienen und geplanten Artikel:

  1. Überblick: Die verschiedenen Arten der Beschlussfassung
  2. Förmliche Präsenzversammlung
  3. Vollversammlung
  4. Umlaufbeschluss (dieser Artikel)
  5. Virtuelle Versammlung
  6. Fazit: Das ist die richtige Beschlussfassungsart für dich

Fußnoten

  1. Vgl. Liebscher mwN. ↩︎

Inhaltsverzeichnis

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Hunderte Unternehmen aller Größenordnungen nutzen Resolvio, um ihre Gremien zu managen, Beschlüsse zu fassen und so schneller bessere Entscheidungen zu fassen.

Ein Artikel von

Ivo Schmiedt
Ivo Schmiedt

Rechtsanwalt, Front End Web Developer

Ivo ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei YPOG. Ivo berät Investoren, Initiatoren von Venture Capital-Fonds bei gesellschafts-, steuer- und aufsichtsrechtlichen Fragen.

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