Anfechtung von Beschlüssen einer Gesellschafterversammlung (OLG Hamm, Urteil vom 26.02.2003 – Aktenzeichen 8 U 110/02)

Amtlicher Leitsatz:

  1. Die Frist zur Anfechtung von Beschlüssen der GmbH-Gesellschafterversammlung beginnt grds. mit Kenntnis des Gesellschafters von dem Inhalt der gefassten Beschlüsse.
    Jedenfalls bei einer Vielzahl von Beschlüssen, deren Inhalt teilweise von den zuvor mitgeteilten Beschlussvorlagen abweichen, ist es erforderlich, dass die Beschlüsse in Schriftform vorliegen, damit die Anfechtungsfrist in Lauf gesetzt wird.
    Einen Gesellschafter, der trotz Kenntnis von der Gesellschafterversammlung und der in der Einladung enthaltenen Tagesordnungspunkte nicht an der Gesellschafterversammlung teilnimmt, kann aber zur Vermeidung von Rechtsnachteilen die Pflicht treffen, sich über den Inhalt evtl. Beschlussfassungen in Kenntnis zu setzen.
  2. Läuft die Einberufungsfrist für eine Gesellschafterversammlung an einem Sonntag ab, ist § 193 BGB jedenfalls dann nicht analog anzuwenden, wenn der eingeladene Gesellschafter zuvor seine Bereitschaft zu erkennen gegeben hatte, sich auch am Wochenende mit Belangen der Gesellschaft zu befassen. In dem Fall greift der Schutzzweck des § 193 BGB nicht ein.
  3. In einer zweigliedrigen GmbH hat der Gesellschafter-Geschäftsführer auch dann kein Stimmrecht bei der Beschlussfassung über seine Entlastung als Geschäftsführer, wenn der Beschluss auf einer Folgeversammlung gefasst werden soll und der andere Gesellschafter dieser und der vorangegangenen Gesellschafterversammlung trotz ordnungsgemäßer Einladung fern geblieben ist.

Tenor:

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 06.03.2002 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer (Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Bochum unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen abgeändert.
  2. Der in der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft für D in Sch und Qu mbH vom 17.12.2001 gefaßte Gesellschafterbeschluß, die Gesellschafterversammlung beschließt einstimmig, Herrn Geschäftsführer H für das Jahr 2000 zu entlasten, wird für unwirksam erklärt.
  3. Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
  4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 %.
  5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Wegen der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Anfechtungsfrist sei nicht gewahrt. Diese habe mit der Beschlußfassung am 17.12.2002 begonnen. Der Kläger habe auch nicht auf die Übersendung des Protokolls der Gesellschafterversammlung warten dürfen, sondern sich rechtzeitig erkundigen müssen, zumal er mit den angefochtenen Beschlußfassungen habe rechnen müssen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers. Er wendet sich gegen die Auffassung des Landgerichts, wonach die Anfechtungsfrist bereits mit der Beschlußfassung in Lauf gesetzt worden sei. Hierzu meint er, es entspreche dem Stand der Rechtsprechung und Literatur, daß der Lauf der angemessenen Anfechtungsfrist zum Zeitpunkt der Kenntnis von der Beschlußfassung beginne. Erst dadurch werde der Gesellschafter in die Lage versetzt zu prüfen und zu entscheiden, ob er Beschlüsse anfechten wolle. Sofern die Gesellschaft alsbald Klarheit gewinnen wolle, liege es in ihrer Hand, den Gesellschafter kurzfristig zu informieren. Zudem habe hier der Kläger keineswegs mit der konkreten Beschlußfassung rechnen müssen. Selbst wenn man den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung am 17.12.2001 annehmen wolle, so meint der Kläger weiter, sei die Frist ebenfalls gewahrt. Die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 Aktiengesetz gelte für die GmbH nur als Leitbild, lasse insbesondere bei besonderen Umständen eine längere Frist zu. Solche besonderen Umstände hätten hier in den Weihnachtsfeiertagen sowie dem 14tägigen Urlaub des Anwalts des Klägers Anfang Januar gelegen.

Hinsichtlich der Begründetheit der Klage wiederholt der Kläger seine Auffassung, daß die Einladungsfrist nicht gewahrt sei. Entgegen der vom Landgericht geäußerten Ansicht gelte bei der Berechnung der Frist die Vorschrift des § 193 BGB mit der Folge, daß die Einladungsfrist erst am Montag, dem 17.12.2001, geendet habe und die Versammlung deshalb frühestens am 18.12.2001 habe durchgeführt werden dürfen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bochum vom 06.03.2002 die in der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft für D in Sch und Qu mbH vom 17.12.2001 gefaßten Gesellschafterbeschlüsse,

1.

“Der Jahresabschluß zum 31.12.2000 entsprechend dem allen Gesellschaftern zugestellten Entwurf mit einem Verlust von 13.414,55 DM wurde festgestellt und einstimmig beschlossen”;

2.

“Die Gesellschafterversammlung beschließt einstimmig, Herrn Geschäftsführer H für das Jahr 2000 zu entlasten”;

3.

“Die Gesellschafterversammlung bestätigte den Beschluß vom 23.01.1998 zur Anschaffung eines neuen Dienstwagens für Herrn H im Wert bis zu 60.000,00 DM. Weiterhin bestätigte die Gesellschafterversammlung, daß ein Volvo V 70 zum Netto-Preis samt Überführung von 59.396,55 DM den Vorgaben und Zielen dieses Beschlusses entspricht und als Dienstwagen für Herrn H einzusetzen ist. Der Vorschlag der Finanzierung des Dienstwagens über einen Bankkredit für Neuwagenkauf wurde von der Gesellschafterversammlung einstimmig bestätigt”;

4.

Die Gesellschafterversammlung bestätigte die Ansicht der Geschäftsführung, daß durch das, Ausbleiben des von Herrn R. zugesagten Gesellschafterdarlehens der Gesellschaft ein Schaden entstanden ist. Die Gesellschafterversammlung forderte die Geschäftsführung auf, Schadensersatz von Herrn R zu verlangen; für unwirksam zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Insbesondere meint sie mit dem Landgericht, den Gesellschafter treffe eine Erkundigungspflicht über das Ergebnis der Versammlung, zumal wenn er über die beabsichtigten Beschlüsse informiert sei und mit der Beschlußfassung rechnen müsse, was hier der Fall gewesen sei. Eine erhebliche Fristverkürzung durch die Abfragung des Ergebnisses sei bei dem Einsatz moderner Kommunikationsmittel nicht zu befürchten. Die Beklagte vertritt darüber hinaus die Auffassung, es hätten keine Umstände vorgelegen, die eine längere Frist als einen Monat gerechtfertigt hätten. Zwischen der Beschlußfassung am 17.12.2001 und den Weihnachtsfeiertagen habe eine ganze Woche gelegen, die zur Information ausgereicht hätte. Der Urlaub des den Kläger regelmäßig beratenden Rechtsanwalts sei unerheblich, weil die wenigen zu klärenden Fragen auch von einem anderen Rechtsanwalt der großen Kanzlei hätten beantwortet werden können. Jedenfalls sei eine Überschreitung der Monatsfrist um 12 Tage nicht gerechtfertigt.

Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Einladung zur Versammlung vom 17.12.2001 verteidigt die Beklagte ebenfalls die Auffassung des Landgerichts, § 193 BGB sei hier nicht entsprechend anwendbar. Der Schutzzweck, die Wahrung der Sonn- und Feiertagsruhe, verbiete hier die Anwendung der Norm, da der Kläger selbst mit Schreiben vom 24.07.1999 gebeten habe, kommende Termine auf Freitag bis Montag zu setzen. Damit habe er ausdrücklich die Wochenenden in die Terminplanung einbezogen.

Wegen der materiellen Rechtmäßigkeit des Beschlusses über die Entlastung des Geschäftsführers zu Tagesordnungspunkt 3 verweist die Beklagte auf ihre in erster Instanz vertretene Auffassung, bei dem Ausbleiben des Klägers auch in der Folgeversammlung habe der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Entlastung beschließen dürfen, weil sonst der Kläger die Beschlußfassung durch wiederholtes Fernbleiben auf Dauer hätte verhindern können. Die Berufung auf ein Stimmverbot des Geschäftsführers sei zudem treuwidrig, nachdem der Kläger die entsprechende Handhabung für die Geschäftsjahre 1998 und 1999 nicht beanstandet habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze sowie die Ausführungen im Senatstermin vom 03.02.2003 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache nur zum Teil Erfolg. Zwar hat der Kläger entgegen der Auffassung des Landgerichts die Anfechtungsfrist gewahrt, doch besteht ein Anfechtungsgrund nur hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 3, der Gegenstand des Klageantrages zu 2) ist. Dieser Beschluß war in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung für unwirksam zu erklären, während die Klage im übrigen auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens erfolglos bleibt.

1.

Die Anfechtungsklage ist fristgerecht erhoben worden. Auch wenn nach ganz herrschender Auffassung, der der Senat folgt, für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen in einer GmbH die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG weder unmittelbar noch entsprechend gilt (BGHZ 111, 224), muß die Wage gleichwohl innerhalb einer angemessenen Frist mit aller dem anfechtungsberechtigten Gesellschafter zumutbaren Beschleunigung erhoben werden. Dabei dient die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 Aktiengesetz, die dem Gesellschafter in jedem Fall zur Verfügung stehen muß, als Leitbild (BGH, a.a.O. Senat, Betriebsberater 1992, 33, 34; Rohwedder/Koppensteiner, 3. Aufl. § 47 Rn. 18). Ob diese Frist bereits mit Beschlußfassung oder erst mit Kenntnis des Gesellschafters von den ergangenen Beschlüssen in Lauf gesetzt wird, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (für Fristbeginn am Tag der Beschlußfassung: OLG Schleswig, OLGR 1998, 265, 266; Hachenburg-Raiser, GmbH-Gesetz, 6. Aufl. Anh. § 47 Rn. 183; Baumbach/Hueck-Zöllner, GmbH-Gesetz, 17. Aufl. Anh. § 47 Rn. 79 c; Wolff in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. III GmbH 2. Aufl., § 40 Rn. 75; Scholz-K. Schmidt, GmbH-Gesetz 9. Aufl., § 45 Rn. 145; für Fristbeginn mit Kenntnis des Gesellschafters: OLG Brandenburg, NZG 1999, 828, 830; Lutter-Hommelhoff, 15. Aufl., Anh. Rn. 47 Rn. 60; Roth in Roth/Altmeppen, GmbH-Gesetz, 3. Aufl. § 47 Rn. 126; einschränkend Rowedder/ Koppensteiner a.a.O. § 47 Rn. 118). Der Senat hält insoweit grundsätzlich an seiner mit Urteil vom 03.07,1991 (Betriebsberater 1992, 33, 34) vertretenen Auffassung fest, daß die Frist erst mit Kenntnis der Beschlußfassung beginnt. Erst damit wird der Gesellschafter in die Lage versetzt, die Beschlüsse gegebenenfalls nach Einholung von Rechtsrat zu prüfen und sinnvoll über eine eventuelle Anfechtung zu entscheiden. Die entsprechende Übertragung der Regelung in § 246 Abs. 1 Aktiengesetz für die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen, die für den Fristbeginn auf die Beschlußfassung abstellt, ist für die vielfach anders gelagerten Verhältnisse bei der GmbH nicht sachgerecht. Die Wahrung des Interesses der Gesellschaft an einer beschleunigten Ausführung des Gesellschafterbeschlusses kann dadurch gewährleistet werden, daß die Geschäftsführung für eine zügige Übermittlung des Versammlungsprotokolls sorgt und damit die Frist in Lauf setzt.

Unabhängig davon kann den Gesellschafter, der trotz Kenntnis von der Gesellschafterversammlung und der in der Einladung enthaltenen Tagesordnungspunkte nicht an der Gesellschafterversammlung teilnimmt, zur Vermeidung von Rechtsnachteilen die Pflicht treffen, sich über den Inhalt eventueller Beschlußfassungen in Kenntnis zu setzen (Senat, NJW-RR 2001, 108, 109; ähnlich Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O.; Wolff in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 3, GmbH, a.a.O.; Hachenburg-Reiser, a.a.O.). Im Streitfall hatte der Kläger in besonderem Maße Veranlassung, auf die Übersendung eines Protokolls der Gesellschafterversammlung hinzuwirken, da er aufgrund der Praxis vorangegangener Gesellschafterversammlungen ohne weiteres nicht damit rechnen konnte, daß ihm überhaupt ein Protokoll zugeleitet würde. Wie der Geschäftsführer der Beklagten im Senatstermin unbestritten ausgeführt hat, hatte er über vorangegangene Gesellschafterversammlungen dem Kläger keine Protokolle zugesandt. Die Verletzung der den Kläger treffenden Erkundigungspflicht führt hier gleichwohl nicht dazu, daß der Beginn der Anfechtungsfrist zu einem früheren Zeitpunkt angenommen werden kann als demjenigen des Zugangs des Protokolls am 29.12.2001. Der Senat vermag nämlich nicht festzustellen, daß eine frühzeitige Erkundigung des Klägers dazu geführt hätte, daß ihm das Protokoll entsprechend früher zugeleitet worden wäre. Zum einen ist zu berücksichtigen, daß der Geschäftsführer der Beklagten dem Protokoll Unterlagen seines Steuerberaters beifügen wollte, wie er im Senatstermin ausgeführt hat. Diese hatte er nicht früher erhalten. Zudem wäre eine Beschleunigung auch deshalb wenig wahrscheinlich gewesen, weil die Weihnachtsfeiertage, die wenige Tage nach der Gesellschafterversammlung lagen, erfahrungsgemäß zu Verzögerungen führen.

Der Kläger kann auch nicht darauf verwiesen werden, er hätte sich anderweitig, etwa durch telefonische Auskunft, über den Inhalt der Beschlüsse informieren müssen. Zur Prüfung der Erfolgsaussichten sowie der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit einer eventuellen Anfechtungsklage ist die Kenntnis des genauen Beschlußinhalts erforderlich. Insbesondere bei einer Vielzahl von gefaßten Beschlüssen, wie es hier der Fall ist, die zudem inhaltlich nicht vollständig durch die mit der Einladung übersandte Tagesordnung vorgegeben waren, ist eine zuverlässige Übermittlung nur im Wege der Schriftform möglich. Selbst wenn dem Kläger der später geltend gemachte Anfechtungsgrund einer unzulänglichen Einberufung bereits frühzeitig bekannt war, bedurfte es gleichwohl einer inhaltlichen Klärung, ob darauf eine Anfechtungsklage gestützt werden sollte oder der Kläger die Beschlüsse trotz des seiner Ansicht nach gegebenen Formmangels inhaltlich akzeptieren konnte. Durch eine kurze telefonische Vorabinformation hätte die Gefahr bestanden, Entscheidungen auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage zu treffen.

Die den Kläger hier grundsätzlich treffende Erkundigungspflicht hat nach alledem nicht dazu geführt, daß die Anfechtungsfrist vor dem 29.12.2001, als der Kläger unstreitig das Protokoll erhalten hatte, in Lauf gesetzt wurde. Mit der Klageeinreichung am 29.01.2002 und alsbaldiger Zustellung der Klage hat der Kläger danach die Monatsfrist gewahrt, ohne daß es darauf ankommt, ob etwa wegen des Urlaubs des den Kläger ständig beratenden Rechtsanwalts Dr. A, in der ersten Januarhälfte eine Verlängerung der Monatsfrist geboten war.

II.

Die danach rechtzeitig erhobene Anfechtungsklage hat nur insoweit Erfolg, als sich der Kläger gegen den zu TOP 3 gefaßten Beschluß wendet, mit dem dem Geschäftsführer H für das Jahr 2000 Entlastung erteilt worden ist. Der darüber hinaus gerügte formelle Mangel liegt nicht vor.

1.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die satzungsgemäße Einberufungsfrist für die Gesellschafterversammlung vom 17.12.2001 gewahrt worden. Die Einberufungsfrist betrug nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages eine Woche. Zu dieser Dispositionsfrist ist nach ganz herrschender Meinung, der sich der Senat anschließt, eine Zustellungsfrist von zwei Tagen hinzuzurechnen (Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O. § 51 Rn. 17; Hachenburg/Hüffer, a.a.O., § 51 Rn. 15; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 51 Rn. 9; a.A. Wolff in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, a.a.O. § 39 Rn. 45: Zustellungsfrist ein Tag). Nachdem der Einschreibebrief mit der Einberufung zur Gesellschafterversammlung am 07.12.2001 zur Post gegeben worden war, lief die Frist von insgesamt 9 Tagen danach am Sonntag, dem 16.12.2001 ab und damit noch rechtzeitig vor der am 17.12.2001 einberufenen Gesellschafterversammlung. Das Ende der Einberufungsfrist, das auf einen Sonntag fiel, ist auch nicht in entsprechender Anwendung des § 193 BGB auf den folgenden Montag zu verlegen. Die Vorschrift des § 193 BGB ist unmittelbar auf den hier zu beurteilenden Fall nicht anwendbar, da sie nur die Abgabe von Willenserklärungen oder die Bewirkung von Leistungen an einem Sonntag erfaßt, nicht aber den Ablauf einer Frist vor einer Gesellschafterversammlung. Ob die Vorschrift grundsätzlich bei der Berechnung der Einberufungsfrist analog angewandt werden kann, was in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist (für die Anwendung des § 193 BGB bei der Bemessung der Einberufungsfrist: OLG Naumburg, GmbHR 1998, 90, 92; Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 51 Rn. 8; Scholz-K. Schmidt, a.a.O., § 51 Rn. 14; Rowedder/Koppensteiner, a.a.O., § 51 Rn. 9; Hachenburg/Hüffer, a.a.O., § 51 Rn. 14; Wolff in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, a.a.O., § 39 Rn. 45; gegen die Anwendung des § 193 BGB: Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 51 Rn. 18; Loritz, GmbHR 1992, 790, 793) bedarf hier letztlich keiner Entscheidung. Selbst wenn man die Regelung des § 193 BGB grundsätzlich analog auch bei der Bemessung der Einberufungsfrist anwenden wollte, wozu der Senat neigt, liegen die Voraussetzungen im Streitfall nicht vor. Sinn und Zweck des § 193 BGB ist die Wahrung der Sonn- und Feiertagsruhe und die Freihaltung dieser Tage sowie des Sonnabends von geschäftlichen Aktivitäten (Palandt-Heinrichs, 61. Aufl. § 193 Rn. 1; Loritz, a.a.O.). Dieses Schutzes bedarf ein Gesellschafter dann nicht, wenn er erklärtermaßen auch bereit ist, sich am Wochenende mit Belangen der Gesellschafter zu befassen, also auch die vor einer Gesellschafterversammlung erforderlichen Dispositionen wie die Beratung und Abstimmung mit Dritten oder die Prüfung der Beschlußvorlage zu treffen. In dem Fall greift der Schutzzweck des § 193 BGB nicht ein, so daß für eine analoge Anwendung kein Raum ist. So liegen die Dinge im Streitfall. Der Kläger hatte mit Schreiben vom 24.07.1999 an die Beklagte darum gebeten, wegen seines Aufenthalts in Norddeutschland von dienstags bis einschließlich freitags die kommenden Gesellschafterversammlungen auf Freitag bis Montag zu setzen. Im Senatstermin hat er dies dahin ergänzt, daß er den Geschäftsführer der Beklagten zusätzlich mündlich gebeten habe, die Gesellschafterversammlung so zu terminieren, daß er nicht hin- und herfahren müsse, und zwar – so wörtlich – “von mir aus auch an einem Sonntag”. Die Beklagte durfte danach davon ausgehen, daß der Kläger keinen Wert darauf legte, die Wochenenden von geschäftlichen Dingen die Beklagte betreffend freizuhalten. Wenn der Kläger sogar mit der Abhaltung von Gesellschafterversammlungen an einem Sonntag einverstanden gewesen wäre, konnte erst recht erwartet werden, daß er keine Einwendungen dagegen hatte, eine am folgenden Tage stattfindende Gesellschafterversammlung am Sonntag vorzubereiten. Angesichts dieser besonderen Verhältnisse zwischen den Parteien kommt somit die Anwendung des Rechtsgedankens des § 193 BGB nicht in Betracht mit der Folge, daß die Einberufung der Folgegesellschafterversammlung zum 17.12.2001 ordnungsgemäß erfolgt ist. Die Anfechtung der in dieser Gesellschafterversammlung gefaßten Beschlüsse kann auf einen Einberufungsmangel demnach nicht gestützt werden.

2.

Die Anfechtungsklage hat jedoch insoweit Erfolg, als sich der Kläger gegen die Entlastung des Gesellschafter-Geschäftsführers H durch die Gesellschafterversammlung (TOP 3) wendet. Dieser Beschluß ist allein durch die Stimmabgabe des Gesellschafters H zustandegekommen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 47 Abs. 4 GmbH-Gesetz hat jedoch ein Gesellschafter, der durch die Beschlußfassung entlastet werden soll, kein Stimmrecht. Über diesen Tagesordnungspunkt hätte der Gesellschafter somit keinen Beschluß fassen dürfen. Die gleichwohl erteilte Entlastung macht den Beschluß anfechtbar (Scholz-K. Schmidt, a.a.O., § 47 Rn. 175).

Diese Beurteilung ist unabhängig davon, daß es sich bei der Gesellschafterversammlung vom 17.12.2001 bereits um eine Folgeversammlung gehandelt hat. Die Regelung der Folgeversammlung soll lediglich die Beschlußfähigkeit für den Fall sicherstellen, daß ein Gesellschafter nicht erscheint. Die in § 47 GmbH-Gesetz verankerten Stimmverbote werden davon nicht betroffen. Eine Ausnahme von dem Stimmverbot kann auch nicht unter Berufung auf die Treuepflicht begehrt werden. Sofern der Gesellschafter-Geschäftsführer einen materiellen Anspruch auf Erteilung der Entlastung hat, kann und muß er diesen Anspruch gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen.

An dem Bestehen eines Stimmverbots des Gesellschafters H ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger ein gleiches Abstimmverhalten bei der Entlastung für die Jahre 1998 und 1999 nicht beanstandet hatte. Es ist insbesondere nicht treuwidrig, nunmehr den Beschlußmangel geltend zu machen.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.