Anfechtung eines informationsverweigernden Vorratsbeschlusses (BGH, Urteil vom 27.04.2009 – Aktenzeichen II ZR 167/07)

Amtliche Leitsätze:

  1. Gegen einen Vorratsbeschluss, mit dem einem Gesellschafter über ein konkretes Informationsbegehren hinaus Einsicht oder Auskunft für eine bestimmte Zeit, unter bestimmten Umständen oder in bestimmte Unterlagen verweigert wird, ist die Anfechtungsklage zulässig.
  2. Soll ein Geschäftsführer aus wichtigem Grund wegen einer Pflichtverletzung abberufen werden, ist ein Gesellschafter, der die Pflichtverletzung gemeinsam mit dem Geschäftsführer begangen hat, von der Abstimmung ausgeschlossen.

Tenor:

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Dr. Strohn, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Revision des Klägers wird auf seine Rechtsmittel das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Juni 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als seine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 29. Juli 2005 hinsichtlich der Klageanträge 1.2. und 2. zurückgewiesen wurde.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 29. Juli 2005 teilweise (Klageantrag 1.2.) abgeändert:

Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 28. Oktober 2003

“Solange der Gesellschafter J. K. für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist, insbesondere als Betriebsleiter der Firma Kl. AG, darf er nicht informiert werden über sämtliche Umstände des Ein- und Verkaufs, über Investitionsplanungen und -rechnungen, Rentabilitätsplanungen, Liquiditätsplanungen, Produktionsmengen sowie über den Inhalt, nicht jedoch das Ergebnis der BWA der H. K. GmbH und der H. K. GmbH & Co. KG.” wird für nichtig erklärt.

Im Umfang der weitergehenden Aufhebung (Klageantrag zu 2 und Kostenentscheidung) wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsver- fahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist zusammen mit seiner Mutter R. K. und seinem Bruder C. K. Gesellschafter der Beklagten. In beiden Gesellschaften herrscht zwischen ihnen vielfältiger Streit. An der Beklagten zu 1, einer GmbH, sind der Kläger mit einem Anteil von 12,5 %, C. K. ebenfalls mit 12,5 % und R. K. mit 25 % beteiligt. Weitere Gesellschafterin ist mit einem Anteil von 50 % die Beklagte zu 2, eine GmbH & Co. KG. Deren Komplementäre sind mit einem Festkapital von 600.000,00 DM die Beklagte zu 1 und ohne Kapitalbeteiligung R. K. , die von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist. Kommanditisten der Beklagten zu 2 sind mit einer Einlage von jeweils 150.000,00 DM der Kläger und C. K. . Das operative Geschäft – ein Sägewerk und ein Holzhandel – betreibt die H. K. GmbH, eine 100%ige Tochter der Beklagten zu 2. Geschäftsführer der H. K. GmbH und der Beklagten zu 1 ist C. K. , Prokuristin in beiden Gesellschaften R. K. .

In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am 20. August 2003 wurde dem Kläger die Einsicht in den Jahresabschluss der H. K. GmbH verweigert. Der Kläger verließ nach seinen Angaben den Versammlungsort, nachdem zuvor seine Mitgesellschafter die Versamm- lung abgebrochen und verlassen hatten. C. K. und R. K. unterzeichneten ein Protokoll über die Versammlung, demzufolge der Kläger die Versammlung verließ und danach die Feststellung des Jahresabschlusses 2002, die Ergebnisverteilung 2002 sowie die Entlastung des Geschäftsführers beschlossen wurden.

In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 28. Oktober 2003 wurde u.a. beschlossen:

“Solange der Gesellschafter J. K. für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist, insbesondere als Betriebsleiter der Firma Kl. AG, darf er nicht informiert werden über sämtliche Umstände des Ein- und Verkaufs, über Investitionsplanungen und -rechnungen, Rentabilitätsplanungen, Liquiditätsplanungen, Produktionsmengen sowie über den Inhalt, nicht jedoch das Ergebnis der BWA der H. K. GmbH und der H. K. GmbH & Co. KG.”

Auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am selben Tag wurde ein gleich lautender Beschluss gefasst.

In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 4. November 2003 wurde über den Antrag des Klägers abgestimmt, C. K. als Geschäftsführer abzuberufen und die Prokura von R. K. zu widerrufen. Nach den Feststellungen des Versammlungsleiters wurde der Antrag auf Abberufung des Geschäftsführers mit den Stimmen von R. K. und der Beklagten zu 2, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D. , gegen die Stimmen des Klägers und der Antrag, die Prokura von R. K. zu widerrufen, mit den Stimmen von C. K. und der Beklagten zu 2 gegen die Stimmen des Klägers abgelehnt.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am 20. August 2003 nichtig sind, dass – u.a. – der genannte Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 28. Oktober 2003 nichtig, hilfsweise unwirksam ist und dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 4. November 2003 wirksam beschlossen wurde, C. K. als Geschäftsführer abzuberufen und die Prokura von R. K. zu widerrufen. Das Landgericht hat die Beschlussfassungen in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 vom 20. August 2003 für unwirksam erklärt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Kläger seine Anträge zur Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 28. Oktober 2003 und vom 4. November 2003 weiterverfolgt und im Wege der Klageerweiterung beantragt festzustellen, dass die Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 vom 28. Oktober 2003 nichtig, hilfsweise unwirksam sind, mit denen die Einsicht in den Jahresabschluss 2002 der H. K. GmbH verweigert wurde und beschlossen wurde, ihm Informationen über Umstände bei der H.K. GmbH und der Beklagten zu 2 zu verweigern, solange er für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die erweiterte Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er seinen Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 vom 28. Oktober 2003, ihn in Zukunft von Informationen auszuschließen, sowie seinen Antrag weiterverfolgt, festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 4. November 2003 die Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und der Widerruf der Prokura von Frau R. K. beschlossen worden sei.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht seine Anfechtungsklage gegen den Beschluss zur Informationsverweigerung bei der Beklagten zu 1 (Klageantrag 1.2) und die Anfechtungs- und positive Beschlussfeststellungsklage hinsichtlich des Beschlusses zur Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und des Widerrufs der Prokura von R. K. (Klageantrag 2) abgewiesen hat. Der Beschluss zur Informationsverweigerung (Klageantrag 1.2) ist für nichtig zu erklären; hinsichtlich des Klageantrags zu 2 ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die weitergehende Revision, mit der sich der Kläger gegen die Abweisung der im Berufungsrechtszug erweiterten Klage wendet, hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Anfechtungsklage des Klägers gegen den Beschluss zur Informationsverweigerung der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 28. Oktober 2003 sei unzulässig, weil das Gesetz in § 51 b GmbHG ein eigenes gerichtliches Verfahren vorsehe. Der Feststellungsantrag hinsichtlich des gleichlautenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 sei unzulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die positive Beschlussfeststellungsklage auf Feststellung eines Beschlusses zur Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und des Widerrufs der Prokura von R. K. sei nicht begründet, weil die Beschlussanträge des Klägers mehrheitlich abgelehnt worden seien und die Mitgesellschafter ihr Stimmrecht nicht missbräuchlich ausgeübt hätten.

II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, soweit die Anfechtungsklage gegen den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 abgewiesen ist, dem Kläger Informationen zu verweigern, solange er für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist. Der Beschluss ist für nichtig zu erklären, weil die Gesellschafterversammlung an einem für den Kläger unzumutbaren Termin abgehalten wurde.

a) Rechtsfehlerhaft hält das Berufungsgericht die Anfechtungsklage für unzulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage gegen einen Beschluss, in dem die Gesellschafter die Informationsrechte eines Mitgesellschafters über die Zurückweisung eines konkreten Informationsbegehrens hinaus einschränken, fehlt nicht.

Ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Vernichtung eines Beschlusses ist grundsätzlich nicht erforderlich. Die Anfechtungsklage dient der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Beschlüsse der Gesellschaft. Sie ist ein aus der Mitgliedschaft selbst folgendes Recht und bedarf keiner besonderen Rechtfertigung durch eine persönliche Betroffenheit des anfechtungsbefugten Klägers (Senat, BGHZ 43, 261, 266; 70, 117, 118; 107, 296, 308; Urt. v. 14. Oktober 1991 – II ZR 249/90, ZIP 1991, 1577).

Dem Kläger steht auch kein einfacheres und vorrangiges Verfahren zur Verfügung, um die Rechtsgültigkeit des Beschlusses zu klären, ihn nicht mehr über verschiedene Umstände bei den Tochterfirmen der Beklagten zu 1 informieren. Die Rechtsprechung des Senats, nach der eine selbständige Anfechtbarkeit des Informationsverweigerungsbeschlusses nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 GmbHG zu verneinen ist (Urt. v. 7. Dezember 1987 – II ZR 86/87, ZIP 1988, 87), lässt sich nicht auf Beschlüsse übertragen, mit denen einem Gesellschafter Informationen über ein konkretes Auskunftsersuchen hinaus auf Vorrat verwei- gert werden (Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 51 a Rdn. 42; Michalski/ Römermann, GmbHG § 51 a Rdn. 196). Das Informationserzwingungsverfahren setzt ein konkretes Auskunfts- oder Einsichtsbegehren voraus (§ 51 a Abs. 1 GmbHG). Gegen einen Vorratsbeschluss, mit dem einem Gesellschafter ohne ein konkretes Informationsbegehren Einsicht und Auskunft für eine bestimmte Zeit, unter bestimmten Umständen oder in bestimmte Unterlagen verweigert wird, ist ein solches Verfahren nicht vorgesehen.

Der Gesellschafter kann auch nicht darauf verwiesen werden, den Vorratsbeschluss hinzunehmen und erst gegen die Verweigerung der Information auf konkrete Auskunftsersuchen das Informationserzwingungsverfahren zu betreiben. Er hat ein rechtliches Interesse daran, bereits die Gültigkeit des Vorratsbeschlusses klären zu lassen. Mit der Überprüfung der im Vorratsbeschluss aufgestellten Richtlinie im Wege der Anfechtungsklage kann ihre Gültigkeit über das einzelne Informationsbegehren hinaus geklärt werden. Der Vorratsbe-schluss erspart spätere Gesellschafterbeschlüsse nach einem konkreten Informationsersuchen nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 GmbHG nicht, weil er nur eine allgemeine Richtlinie aufstellt (Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 51 a Rdn. 42; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 51 a Rdn. 52; Michalski/Römermann, GmbHG § 51 a Rdn. 196; a.A. Ivens, GmbHR 1989, 273, 275; B. Schneider, GmbHR 2008, 638, 643). Dem Gesellschafter wird durch den Vorratsbeschluss die Chance genommen, ohne Beteiligung der Gesellschafterversammlung und zügig die begehrten Informationen zu erhalten. Der Beschluss enthält eine Weisung an den Geschäftsführer und verhindert, dass der Geschäftsführer zunächst in eigener Kompetenz prüft, ob ein Informationsanspruch besteht. Jedes konkrete Informationsbegehren führt, wenn die Weisung bestehen bleibt, mindestens zur Befassung der Gesellschafterversammlung und – bei unveränderter Haltung der Mitgesellschafter – zu einem gerichtlichen Verfahren.

b) Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Der Senat kann selbst entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). In der Anberaumung der Gesellschafterversammlung auf den 28. Oktober 2003 liegt ein Einladungsmangel, weil die Gesellschafterversammlung trotz der rechtzeitig mitgeteilten Verhinderung des anwaltlichen Beraters des Klägers abgehalten wurde. Die Einberufung der Versammlung auf einen Zeitpunkt, zu dem ein Berater eines Gesellschafters verhindert ist, verletzt das Teilnahmerecht des Gesellschafters, wenn der Gesellschafter auf die Teilnahme eines Beraters einen Anspruch hat und dem Gesellschafter durch die Wahl des Termins diese Beratung unzumutbar abgeschnitten wird.

Das Teilnahmerecht des Gesellschafters wird nicht nur bei der Anberaumung des Termins einer Gesellschaftsversammlung auf einen für einen Gesellschafter – wie das Einberufungsorgan weiß – unzumutbaren Zeitpunkt (vgl. Sen.Urt. v. 28. Januar 1985 – II ZR 79/84, WM 1985, 567), sondern ebenso dann verletzt, wenn er einen Anspruch darauf hat, sich während der Gesellschafterversammlung beraten zu lassen, und ihm diese Beratung durch die Wahl des Versammlungstermins unzumutbar verwehrt wird. Ein Anspruch auf die Teilnahme eines Beraters kann aufgrund einer Regelung in der Satzung oder aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht bestehen, insbesondere wenn schwerwiegende Entscheidungen zu fällen sind und dem Gesellschafter die erforderliche Sachkunde fehlt (OLG Stuttgart GmbHR 1997, 1107; OLG Düsseldorf GmbHR 2002, 67; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 48 Rdn. 13; Scholz/K. Schmidt/Seibt, GmbHG 10. Aufl. § 48 Rdn. 26; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. § 48 Rdn. 4). Der Kläger hatte nach § 6 Abs. 5 der Satzung der Beklagten zu 1 einen Anspruch auf die Teilnahme eines Beraters. Dort ist vorgesehen, dass ein Gesellschafter durch einen Angehörigen der rechts- und/oder wirtschafts- und steuerberatenden Berufe, der zur Berufs- verschwiegenheit verpflichtet ist, vertreten werden kann und das Anwesenheitsrecht des Gesellschafters auch im Fall der Vertretung erhalten bleibt.

Die Teilnahme seines anwaltlichen Beraters wurde dem Kläger mit der Anberaumung auf den 28. Oktober 2003 unzumutbar verwehrt. Mit allen Beteiligten war vereinbart, dass am 4. November 2003 eine Gesellschafterversammlung stattfinden sollte. Der Geschäftsführer der Beklagten musste damit rechnen, dass der anwaltliche Berater des Klägers nicht auch noch zu einer weiteren Gesellschafterversammlung wenige Tage vor dem vereinbarten Termin anreisen konnte. Ein nachvollziehbarer Grund, für die Beschlussanträge von C.K. eine zusätzliche Gesellschafterversammlung vor dem abgesprochenen Termin abzuhalten, ist nicht erkennbar. Jedenfalls nachdem der anwaltliche Berater rechtzeitig seine urlaubsbedingte Verhinderung für den 28. Oktober 2003 mitgeteilt hatte, gebot es die Rücksichtnahme auf das Teilnahmerecht des Klägers, die Beschlussfassung über die Informationsverweigerung auf den bereits abgesprochenen Zeitpunkt zu legen.

Der Einladungsmangel ist nicht nach § 51 Abs. 3 GmbHG geheilt. Voraussetzung einer Heilung durch eine Vollversammlung ist, dass nicht nur sämtliche Gesellschafter anwesend sind, sondern auch das Einvernehmen aller Anwesenden mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung besteht (BGHZ 100, 264, 269; Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997 – II ZR 216/96, ZIP 1998, 335; v. 11. Februar 2008 – II ZR 187/06, ZIP 2008, 757; Beschl. v. 19. Januar 2009 – II ZR 98/08, ZIP 2009, 562). Der Kläger war am 28. Oktober 2003 anwesend, hat aber vor der Abstimmung gegen eine Beschlussfassung Widerspruch erhoben.

2. Die Abweisung der Klage auf Feststellung, dass die Informationsver-weigerungsbeschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am 28. Oktober 2003 nichtig, hilfsweise unwirksam sind, erweist sich zwar mit der gegebenen Begründung als rechtsfehlerhaft, stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

a) Die Feststellungsklage ist zulässig.

aa) Ohne Erfolg rügt die Revisionserwiderung unter Berufung auf § 533 Nr. 2 ZPO die Unzulässigkeit der Klageerweiterung. Die Zulassung einer Klageänderung ist nach §§ 525, 268 ZPO unanfechtbar (vgl. BGH Urt. v. 25. Oktober 2007 – VII ZR 27/06, NJW-RR 2008, 262 zur Zulassung einer Widerklage).

bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts besteht ein Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO). Eine Leistungsklage, die das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage entfallen lassen könnte, steht dem Gesellschafter nicht zur Verfügung. Der Gesellschafter kann in der Personengesellschaft grundsätzlich nur mit der Feststellungsklage erreichen, dass die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses geklärt wird. Mit einer Leistungsklage auf Erteilung einer Auskunft wird die Gültigkeit eines dem Leistungsbegehren entgegenstehenden Gesellschafterbeschlusses nicht generell, sondern allenfalls als Vorfrage für den Einzelfall geklärt. Für den Auskunftsanspruch des Kommanditisten ist die Rechtmäßigkeit eines ablehnenden Gesellschafterbeschlusses keine notwendige Vorfrage. Der Informationsanspruch richtet sich gegen die Gesellschaft, vertreten durch ihre geschäftsführende Komplementärin (vgl. Sen.Urt. v. 28. Mai 1962 – II ZR 156/61, WM 1962, 883), und gegebenenfalls die Komplementärin selbst (Sen.Urt. v. 20. Juni 1983 – II ZR 85/82, ZIP 1983, 935), während die Wirksamkeit eines Beschlusses in der Personengesellschaft grundsätzlich mit den Gesellschaftern zu klären ist (Sen.Urt. v. 24. März 2003 – II ZR 4/01, ZIP 2003, 843; Urt. v. 7. Juni 1999 – II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391; Urt. v. 13. Februar 1995 – II ZR 15/94, ZIP 1995, 460). Eine Leistungsklage ist außerdem auf Auskunft über konkrete Tatsachen oder Einsicht in bestimmte Unterlagen gerichtet, während der angegriffene Gesellschaf-terbeschluss Auskunft und Einsicht in der Zukunft und unter bestimmten Voraussetzungen – Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen – versagt. § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten zu 2 verweist nur zum Umfang des Auskunfts- und Einsichtsrechts auf § 51 a Abs. 1 und 2 GmbHG, nicht aber

– was auch nicht möglich wäre – für das Verfahren.

b) Die Abweisung der Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2 erweist sich jedoch aus anderen Gründen als zutreffend (§ 561 ZPO). Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2 ist nicht begründet, weil sie nicht der richtige Klagegegner ist. Der Senat ist durch das Verschlechterungsverbot (§ 557 Abs. 1 ZPO) nicht gehindert, die Klage auf die Revision des Klägers als unbegründet statt als unzulässig abzuweisen (Senat, BGHZ 12, 308, 316; 33, 398, 401; 46, 281, 284).

Die Nichtigkeit von Beschlüssen von Gesellschafterversammlungen einer Kommanditgesellschaft wird durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist (Sen.Urt. v. 24. März 2003 -II ZR 4/01, ZIP 2003, 843; Urt. v. 7. Juni 1999 – II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391; Urt. v. 13. Februar 1995 – II ZR 15/94, ZIP 1995, 460). Eine solche besondere Regelung enthält der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 2 nicht, wie der Senat selbst feststellen kann, da das Berufungsgericht eine Auslegung unterlassen hat und weitere Feststellungen dazu nicht in Betracht kommen (vgl. BGHZ 65, 107, 112; 124, 39, 45). Im Gesellschaftsvertrag ist eine Klage zur Überprüfung der Wirksamkeit von Beschlüssen gegen die Gesellschaft nicht ausdrücklich vorgesehen. Regelungen, die den Willen der Gesellschafter zei- gen, solche Streitigkeiten unmittelbar mit der Gesellschaft auszutragen, fehlen. Dass nach § 7 des Gesellschaftsvertrags die Beschlüsse in Versammlungen gefasst werden und für die Einberufung die §§ 49 bis 51 GmbHG gelten sollen, genügt für die Annahme einer vollständigen Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems nicht.

Die Feststellungsklage richtet sich nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts gegen die Beklagte zu 2. Für die Ansicht der Revision, die Beklagte zu 1 sei jedenfalls mitverklagt, bestehen keine Anhaltspunkte. Eine Klageerweiterung auf die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin erst in der Revisionsinstanz ist nicht zulässig, weil sie stets neuen Vortrag erfordert (BGH, Urt. v. 24. September 1982 – V ZR 188/79, WM 1982, 1170).

3. Auch die Abweisung der Klageanträge zu 2, mit denen der Kläger in der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kombinierte Anfech-tungs- und positive Beschlussfeststellungsklage gegen die Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 4. November 2003 erhoben hat und die Feststellung begehrt, dass die Abberufung von C.K. als Geschäftsführer und der Widerruf der Prokura von R. K. beschlossen wurde, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Berufungsgericht hat – unterstellt man, wie geboten, den Vortrag des Klägers revisionsrechtlich als richtig – rechtsfehlerhaft die Stimmen von R. K. bei der Abstimmung über die Abberufung und von C. K. bei der Abstimmung zum Widerruf der Prokura berücksichtigt. Sie unterlagen jeweils nach § 47 Abs. 4 GmbHG einem Stimmverbot, weil sie nach dem entsprechenden Vortrag des Klägers gemeinschaftlich ihre Pflichten verletzt und damit einen Grund für die Abberufung bzw. den Widerruf der Prokura gegeben haben soll, weil sie ihn am 20. August 2003 in bewusstem und gewollten Zu- sammenwirken hintergangen und von seiner Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen ausgeschlossen haben.

aa) Die Gesellschafter waren jeweils von der Abstimmung ausgeschlossen, soweit sie selbst von der Abberufung bzw. dem Widerruf der Prokura betroffen waren. Ein Gesellschafter ist regelmäßig dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn gegen ihn gesellschaftsrechtlich bedeutsame Maßnahmen ergriffen werden sollen und er – quasi als Richter in eigener Sache – dazu sein eigenes Verhalten beurteilen muss (Senat BGHZ 86, 177, 178; Sen.Urt. v. 21. April 1969 – II ZR 200/67, WM 1969, 808). Der Abberufung des Geschäftsführers ist der Widerruf der Prokura gleichzustellen, wenn die Gesellschafterversammlung mit ihr befasst wird (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 118; Michalski/Römermann, GmbHG § 47 Rdn. 246; Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 47 Rdn. 61).

bb) Liegt der Abberufung als Geschäftsführer als wichtiger Grund eine Pflichtverletzung zugrunde, ist auch der Gesellschafter ausgeschlossen, dem eine gemeinsam mit dem Geschäftsführer begangene Pflichtverletzung vorgeworfen wird (OLG Düsseldorf GmbHR 2000, 1050; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 139; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rdn. 166; Michal-ski/Römermann, GmbHG § 47 Rdn. 268). Ein Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG ist sinngemäß auch in den Fällen anzunehmen, in denen das Ausmaß des Interessenkonflikts für mehrere Gesellschafter identisch ist (Senat, BGHZ 97, 28, 33). Die Interessenkollision ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (Senat, BGHZ 97, 28, 33), der Entlastung (Senat, BGHZ 108, 21, 25; Urt. v. 7. April 2003 – II ZR 193/02, ZIP 2003, 945) oder der Bestellung eines besonderen Vertreters für die GmbH (Senat, BGHZ 116, 353, 358) zu berücksichti- gen. Das gemeinschaftliche Fehlverhalten kann auch bei der Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund nur einheitlich beurteilt werden.

Die Prokuristin R. K. war bei der Abstimmung über die Abberufung des Geschäftsführers C. K. ebenso wie umgekehrt der Geschäftsführer C. K. bei der Abstimmung über den Widerruf der Prokura von R. K. von der Abstimmung ausgeschlossen. Ihnen wird vom Kläger eine gemeinsam begangene Pflichtverletzung vorgeworfen, an der sie gleichermaßen beteiligt gewesen sein sollen. Ein wichtiger Grund, den der Kläger für die Abberufung aus der Organstellung vorgetragen hat, war, dass beide gemeinsam die Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 20. August 2003 noch vor der Abstimmung verließen, nachträglich aber ein Protokoll errichteten, in dem sie Beschlüsse unzutreffend als während der Versammlung, wenn auch in Abwesenheit des Klägers gefasst darstellten, der Sache nach also „hinter seinem Rücken“ unter Verletzung seines Teilnahmerechts entschieden haben.

b) Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht als richtig (§ 561 ZPO), weil – was das Landgericht allerdings angenommen hat – die Beschlüsse mit der Mehrheit der Stimmen der Beklagten zu 2 abgelehnt wurden. Die von Rechtsanwalt Dr. D. für die Beklagte zu 2 abgegebenen Stimmen sind nicht zu berücksichtigen.

aa) Die Beklagte zu 2 hat in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 kein Stimmrecht. Stimmrechte der GmbH aus eigenen Anteilen ruhen entsprechend § 71 b AktG (Sen.Urt. v. 30. Januar 1995 – II ZR 45/94, ZIP 1995, 374). Eigenen Anteilen der GmbH sind Anteile von abhängigen Gesellschaften gleichzustellen (BGHZ 119, 346, 356; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rdn. 44; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 24), auch bei einer wechselsei- tigen Beteiligung. Die Beklagte zu 2 ist ein von der Beklagten zu 1 abhängiges Unternehmen, weil die Beklagte zu 1 mehrheitlich beteiligt ist (vgl. § 19 Abs. 2 AktG). Die Beklagte zu 1 hält 2/3 der Kapitalanteile und der Stimmrechtsanteile an der Beklagten zu 2.

bb) Die von Rechtsanwalt Dr. D. für die Beklagte zu 2 abgegebenen Stimmen sind außerdem nicht zu berücksichtigen, weil er sie als Untervertreter für einen organschaftlichen Vertreter abgegeben hat, der seinerseits vom Stimmrecht ausgeschlossen war. Der vom Stimmrecht ausgeschlossene Gesellschafter darf nach § 47 Abs. 4 Satz 1 GmbHG auch nicht als (organschaftli- cher) Vertreter eines anderen Gesellschafters abstimmen. Von einem Stimmverbot des Hauptvertreters ist auch derjenige betroffen, dem der Hauptvertreter Vollmacht erteilt hat (Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rdn. 130; Michalski/ Römermann, GmbHG § 47 Rdn. 108). Da C. K. von der Abstimmung über seine Abberufung ausgeschlossen war, konnte er nicht als organschaftli- cher Vertreter der Komplementärin der Beklagten zu 2, der Beklagten zu 1, abstimmen oder sich durch einen von ihm Bevollmächtigten vertreten lassen. Dass Rechtsanwalt Dr. D. die Vollmacht, für die Beklagte zu 2 zu handeln, von einem nicht vom Stimmrecht ausgeschlossenen Vertreter der Beklagten zu 1 oder der Beklagten zu 2 erhalten haben könnte, ist ausgeschlossen. Die Beklagte zu 1 hatte keinen anderen Geschäftsführer als C.K. . Die Prokuristin R. K. war ebenfalls vom Stimmrecht ausgeschlossen und konnte die GmbH nicht vertreten. Die Beklagte zu 2 hatte nur die Beklagte zu 1 als vertretungsberechtigte und geschäftsführungsbefugte Komplementärin. R. K. war zwar ebenfalls Komplementärin, aber nicht geschäftsführungs-befugt und außerdem selbst von der Abstimmung ausgeschlossen. Eine Gesellschafterversammlung zur Bestimmung eines besonderen Vertreters hat bei keiner der beiden Gesellschaften stattgefunden.

c) Die Sache ist zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat bisher nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, ob der vom Kläger behauptete wichtige Grund zur Abberufung des Geschäftsführers und für einen Widerruf der Prokura besteht und C.und R. K. ihre Pflichten verletzt haben. Dem vom Kläger als wichtigen Grund vorgetragenen allgemeinen Abstimmungsverhalten von C. und R. K. in Gesellschafterversammlungen hat das Berufungsgericht in vertretbarer tatrichterlicher Bewertung im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu einem Stimmrechtsmissbrauch als Meinungsverschiedenheiten zwischen Gesellschaftern kein Gewicht beigemessen, das einen Verbleib der Mitgesellschafter in ihren Ämtern unzumutbar erscheinen lässt. Dagegen hat es mit seiner Bewertung der Vorgänge am 20. August 2003 als wenig gewichtigem Protokollierungsfehler den Kern des Vortrags des Klägers verkannt. Der Kläger wirft seinen Mitgesellschaftern vor, ihn in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken hintergangen und um die Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen gebracht zu haben. C.K. und R.K. sollen die Gesellschafterversammlung verlassen und abgebrochen, anschließend ohne seine Beteiligung Beschlüsse gefasst und dies durch Fertigung eines Protokolls vertuscht haben, in dem wahrheitswidrig das Verlassen der Sitzung durch den Kläger festgehalten worden ist. Die Tatsachenfeststellungen im Urteil des Landgerichts, wonach das Protokoll den Ablauf der Gesellschafterversammlung richtig wiedergibt, hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zu Recht nicht zugrunde gelegt, weil die vom beweispflichtigen Kläger für seine Darstellung angebotenen Zeugen nicht vernommen wurden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, darauf hinzuwirken, dass der Kläger seinen Klageantrag vervollständigt (§ 139 Abs. 1 ZPO) und neben der Feststellung, dass die Beschlüsse gefasst wurden, ausdrücklich die Nichtigerklärung ihrer Ablehnung beantragt.